Sonntag, 14. Juli 2019
Ostrov - die Insel
fremd worte, 14:29h
Vater Anatoly begann als Heizer eines Kohlenschiffs.
Seine hündische Angst vor den Deutschen brachte ihn dazu, seinen Kapitän zu verraten, an dessen Ermordung er sich schuldig fühlt.
Anatoly, der hustende Kauz, der als Heiliger verehrt wird, sich aber darüber lustig macht.
Doch er ist hellsichtig, wie gleich bei seiner ersten Heilung zu sehen ist.
Lustig macht sich der Film vielleicht auch über die Zuseher, die sich auf der Klosterinsel wähnen. Zu sehen ist aber stets nur die Küste des Weißen Meeres bei Kem, und niemals das Kloster. Und lustig macht sich Vater Anatoly auch über sie, wenn er so geschäftig Kohlen zu schleppen scheint mit seiner eisernen Schiebtruhe, da er doch der Heizer ist. In Wahrheit schaufelt er nur Steine - seht genau hin! Ein echter Sisyphus, sinnlos Steine schieben im Geröll.
Aber vielleicht war das gar nicht so sinnlos. Ich war heute im Gulag-Museum in Solovki. Ich habe dort Bilder gesehen von den Arbeitern auf der Gefängnisinsel des Archipel Gulag, wie sie Wälder roden, Gruben ausheben und fabriksmäßig arbeiten wie lebende Maschinen. Darunter viele Steineschlepper, massenweise. Das scheint überhaupt der Sowjetmensch gewesen zu sein, ein fügsamer, heldenhaft fleißiger Massenmensch. Hat Vater Anatoly diesen verhöhnt mit seiner Schlepperei?
Anatolys Leben besteht in der Totalhingabe an Gott aus Schuldigkeit. Er erhofft seine Erlösung allein aus dem Glauben, wie Luther es forderte, und setzt alles daran. Seiner umfassenden Schuld entspricht seine unbedingte Buße. Er, der nicht lesen kann, zitiert Tag und Nacht Psalmen und das Evangelium und wird so selber Text Gottes. Seine zerknirschte Hingabe macht ihn zum Seher, sein Eigensinn zum populären Heiligen. Diese Spannung liegt in seiner Gestalt.
Anatoly, der sich Gott übergeben hat, lässt seine Figur vor sich herlaufen. So kann der Steineschlepper zurecht den Heiligen als Schläfer bezeichnen, der keine Zeit hat. Er vollführt sein Spiel auf Erden, während der Heilige bei Gott weilt, und es ist sinnlos, weil die Menschen sich nicht zum Glauben durchringen können. Die Mutter, die keine Zeit hat für die Eucharistie und ihren kranken Sohn hysterisch festklammert, die angeblich Liebende, die ihren lebenden Mann tot sehen will wegen eines anderen, die Mitbrüder, die sich stoßen an seinen Späßen und auf seinen Ruf eifersüchtig sind. Anatoly ist der Zuspitzer, der Entscheidungen auf die Spitze treibt, der ein vorbehaltsloses Ja zu Gott fordert und nicht bekommt. Dafür schickt er den dummen hustenden Kauz, um den Glauben zu prüfen und zu fordern. Den Abt hat er möglicherweise bekehrt.
Tichon kommt, ihn zu erlösen. Weil auch er von der ungesühnten Schuld belastet ist, ist seine Tochter besessen. Um sie vom Dämon zu befreien, bringt er sie zu Anatoly und erlöst diesen. Und so frei wie noch kein Mensch steigt dieser in seinen Sarg, um seine Lebenshingabe zu vollenden. Ein Sühneleben als Steineschlepper für die vielen, die sinnlos die Tode gemartert wurden an diesem Ort, dessen Zugang er bewacht hat
http://www.solovki.org/de/html/Referat_Ackermann_de.html
Wers noch nicht gesehen hat:
unbedingt ansehen!
Dort bin ich gerade ...
https://www.youtube.com/watch?v=5N05t9nZ84I
.
Seine hündische Angst vor den Deutschen brachte ihn dazu, seinen Kapitän zu verraten, an dessen Ermordung er sich schuldig fühlt.
Anatoly, der hustende Kauz, der als Heiliger verehrt wird, sich aber darüber lustig macht.
Doch er ist hellsichtig, wie gleich bei seiner ersten Heilung zu sehen ist.
Lustig macht sich der Film vielleicht auch über die Zuseher, die sich auf der Klosterinsel wähnen. Zu sehen ist aber stets nur die Küste des Weißen Meeres bei Kem, und niemals das Kloster. Und lustig macht sich Vater Anatoly auch über sie, wenn er so geschäftig Kohlen zu schleppen scheint mit seiner eisernen Schiebtruhe, da er doch der Heizer ist. In Wahrheit schaufelt er nur Steine - seht genau hin! Ein echter Sisyphus, sinnlos Steine schieben im Geröll.
Aber vielleicht war das gar nicht so sinnlos. Ich war heute im Gulag-Museum in Solovki. Ich habe dort Bilder gesehen von den Arbeitern auf der Gefängnisinsel des Archipel Gulag, wie sie Wälder roden, Gruben ausheben und fabriksmäßig arbeiten wie lebende Maschinen. Darunter viele Steineschlepper, massenweise. Das scheint überhaupt der Sowjetmensch gewesen zu sein, ein fügsamer, heldenhaft fleißiger Massenmensch. Hat Vater Anatoly diesen verhöhnt mit seiner Schlepperei?
Anatolys Leben besteht in der Totalhingabe an Gott aus Schuldigkeit. Er erhofft seine Erlösung allein aus dem Glauben, wie Luther es forderte, und setzt alles daran. Seiner umfassenden Schuld entspricht seine unbedingte Buße. Er, der nicht lesen kann, zitiert Tag und Nacht Psalmen und das Evangelium und wird so selber Text Gottes. Seine zerknirschte Hingabe macht ihn zum Seher, sein Eigensinn zum populären Heiligen. Diese Spannung liegt in seiner Gestalt.
Anatoly, der sich Gott übergeben hat, lässt seine Figur vor sich herlaufen. So kann der Steineschlepper zurecht den Heiligen als Schläfer bezeichnen, der keine Zeit hat. Er vollführt sein Spiel auf Erden, während der Heilige bei Gott weilt, und es ist sinnlos, weil die Menschen sich nicht zum Glauben durchringen können. Die Mutter, die keine Zeit hat für die Eucharistie und ihren kranken Sohn hysterisch festklammert, die angeblich Liebende, die ihren lebenden Mann tot sehen will wegen eines anderen, die Mitbrüder, die sich stoßen an seinen Späßen und auf seinen Ruf eifersüchtig sind. Anatoly ist der Zuspitzer, der Entscheidungen auf die Spitze treibt, der ein vorbehaltsloses Ja zu Gott fordert und nicht bekommt. Dafür schickt er den dummen hustenden Kauz, um den Glauben zu prüfen und zu fordern. Den Abt hat er möglicherweise bekehrt.
Tichon kommt, ihn zu erlösen. Weil auch er von der ungesühnten Schuld belastet ist, ist seine Tochter besessen. Um sie vom Dämon zu befreien, bringt er sie zu Anatoly und erlöst diesen. Und so frei wie noch kein Mensch steigt dieser in seinen Sarg, um seine Lebenshingabe zu vollenden. Ein Sühneleben als Steineschlepper für die vielen, die sinnlos die Tode gemartert wurden an diesem Ort, dessen Zugang er bewacht hat
http://www.solovki.org/de/html/Referat_Ackermann_de.html
Wers noch nicht gesehen hat:
unbedingt ansehen!
Dort bin ich gerade ...
https://www.youtube.com/watch?v=5N05t9nZ84I
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