Sonntag, 14. Juli 2019
Russische Fügsamkeit
Täglich sehe ich Warteschlangen.
Am Bahnhof sind vor jeder Kassa lange Reihen mit 20 oder mehr Kunden.
Ich habe ja bereits mein Ticket, aber nur einen Computerausdruck.
Ich gehe zum Info-Schalter im 1. Stock, nur 5 oder 6 Personen. Dafür bekommen sie ausführliches Service von der lange unsichtbaren Beamtin. Jeweils werden mehrere Formulare ausgefüllt in Schönschrift und Daten in eine Tastatur getippt mit spitzen Fingern und größter Ruhe. Nebenan ist die Gepäckausgabe, da bilden sich Parallelschlangen. Diese Beamtin geht immerhin mit ihren Kunden zum Gepäckschließfach und tippt deren Geheimzahl in einen Monitor, nachdem sie jeweils ein besonderes Nummern- und Tastenritual durchgeführt und dessen geheimnisvolle Auswirkungen abgewartet hat.
Dieselben Schlangen vor der Museumskassa.
Vor der Schiffskassa.
Vor dem Check-In am Flughafen.
Jedes Mal wird alles fein säuberlich auf Listen geschrieben und eingetippt.
Gelebte Ordnung.
Als ich übrigens nach 40 Minuten drankomme und meinen Ausdruck mit Reisepass vorweise, zeigt die Beamtin bloß müde auf den Zug, der hinter mir seit einer Viertelstunde hält. Dort weise ich der Schaffnerin meines Wagens wieder alle Papiere vor, sie nickt und macht ein Häkchen auf ihrer Liste. Das wars.

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